Neue Fremdbestimmung am Lebensende droht - Genügt künftig der "mutmaßliche Wille" zum Sterben für einen Behandlungsabbruch?
Zur morgigen Parlamententscheidung betreffend die gesetzliche Regelung einer Patientenverfügung erklärt Mechthild Löhr, die Bundesvorsitzende der Christdemokraten für das Leben e.V. (CDL):
"Die mit großem Ernst geführte Debatte hat gezeigt: Eine gesetzliche Regelung der Patientenverfügung, die dem Patienten im Bedarfsfalle wirkliche Sicherheit gewährt, kann es nicht geben. Das bestätigen inzwischen insbesondere Fachleute, die mit dem Problem täglich konfrontiert sind, nämlich Bundesärztekammer, Marburger Ärztebund, EKD und Deutsche Bischofskonferenz, Hospiz- und Palliativ-Verband, Alzheimer-Gesellschaft und die Deutsche Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie. Sie alle und weitere sprechen sich aus triftigen Gründen gegen Patientenverfügungsgesetze aus, wie sie jetzt im Bundestag zur Abstimmung stehen. Forciert wird indessen das Gesetzesvorhaben seit Jahren nicht ohne Grund von nur wenigen Abgeordneten, von humanistischen Vereinen und vom Vorstand der Hospiz-Stiftung, die nicht zu verwechseln ist mit der breit aufgestellten Hospiz-Bewegung.
Sollte morgen beispielsweise der sehr weitgehende Gesetzentwurf des Abgeordneten Stünker Wirklichkeit werden, kommt es gerade für weit über 90% der Bundesbürger, die keine Patientenverfügung haben, zu einer wesentlichen, weitreichenden und gefährlichen Änderung der Rechtslage. Dann können in lebenskritischen medizinischen Situationen allein der aktuell behandelnde Arzt und ein Betreuer einvernehmlich beschließen, daß ein nichteinwilligungsfähiger Patient nach seinem "mutmaßlichen Willen" wohl keine lebensverlängernde Hilfe mehr wollen würde. Aufgrund einer solchen Gesetzeslage wären sie befugt, auch ohne Vorlage einer schriftlichen Patientenverfügung unter Berufung auf den "mutmaßlichen Willen" z.B. einen Behandlungsabbruch vorzunehmen. Dies kann zur sofortigen Einstellung der künstlichen Ernährung oder der Beatmung führen und damit ein schnelles Sterben bedeuten, ohne daß dies je von einem Vormundschaftsgericht geprüft worden wäre. Die Weiterbehandlung oder Nichtweiterbehandlung von Schwerstkranken in Krisenlagen (z.B. von Komapatienten), die nicht einwilligungsfähig sind, wird damit für viele Menschen zur nicht nachprüfbaren Schicksalsentscheidung durch Dritte. Sie wird allein abhängig davon, ob der behandelnde Arzt und der Betreuer ausreichendes Interesse am Weiterleben eines Patienten haben oder nicht und bewirken damit sogar das Gegenteil vom Selbstbestimmung am Lebensende. Gerade bei weiter wachsendem Kosten- und Leistungsdruck im Gesundheitswesen wird so ein neues, gefährliches Tor zum fremdbestimmten Sterben hin geöffnet.
Bei einem so hohen Rechtsgut, wie dem Recht auf Leben, darf aber zukünftig nicht schon allein ein "mutmaßlicher Wille" zum Behandlungsabbruch berechtigen. Das Parlament ist gut beraten, der klaren Mehrheit der medizinischen und ethischen Experten zu folgen und auf eine gesetzliche Neuregelung der Patientenverfügung definitiv zu verzichten.
Christdemokraten für das Leben e.V.
Odila Carbanje
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