BGH-Urteil darf nicht als Freigabe der aktive Sterbehilfe fehlinterpretiert werden
Heute hat der Bundesgerichtshof ein Urteil zum Problem "Sterbehilfe" gesprochen, das weitreichende Folgen für nichteinwilligungsfähige Schwerkranke, insbesondere Komapatienten, haben kann.
Für den Fall, dass ein Patient früher angeblich den Wunsch geäußert hat, dass ein krankheitsbedingtes Sterben nicht verhindert werden solle, rechtfertigt der sogenannte mutmaßliche Wille nach Auffassung des Bundesgerichtshofs "nicht nur den Behandlungsabbruch durch bloßes Unterlassen weiterer Ernährung, sondern auch ein aktives Tun, sondern auch ein aktives Tun, das der Beendigung oder Verhinderung einer von ihr nicht oder nicht mehr gewollten Behandlung" dient. Dies soll nach der Pressemeldung des Bundesgerichtshofs auch dann gelten, wenn keine schriftliche Patientenverfügung vorliegt, der Betreuer also nur nach dem mutmaßlichen Willen des Patienten entscheidet. Allerdings ist von diesem natürlich nicht bekannt ist, ob er dem aktuellen Willen des Patienten entspräche. In aller Regel kann gar nicht überprüft werden, ob die Behauptung des Todeswunsches tatsächlich geäußert wurde.
Dies bedeutet für die Zukunft, dass die Entscheidung der Frage, wann das Lebensende des Patienten eintritt, von der Entscheidung eines Dritten abhängig gemacht wird. Damit wird genau das Gegenteil von dem angeblich angestrebten unbegrenzten Selbstbestimmungsrecht erreicht. Das Urteil bestätigt die seit Änderung des Betreuungsrechts ab 1.9.2009 bestehende Gefahr, dass die Entscheidung darüber, ob die Herbeiführung des Todes eines Patienten rechtlich erlaubt war oder nicht, letztlich davon abhängt, was als Begründung für die Herbeiführung des Todes glaubhaft angegeben wird. Es droht jetzt massiv die Gefahr, dass das Urteil durch bereits zu beobachtende, zum Teil wohl vorsätzliche Fehlinterpretationen in der Presse nunmehr als eine vermeintliche Freigabe der aktiven Sterbehilfe (= Tötung auf Verlangen nach §216 StGB) durch den BGH missverstanden wird. Eine solche Deutung würde verhängnisvolle Konsequenzen für den Lebensschutz nach sich ziehen.
Christdemokraten für das Leben e.V.
Mechthild Löhr (Bundesvorsitzende)
Schlesienstrasse 20
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