Präimplantationsdiagnostik ist ein Angriff auf das Lebensrecht Behinderter
Über drei Stunden hat der Bundestag kontrovers und ohne Fraktionszwang über die Zukunft der Präimplantationsdiagnostik (PID) in Deutschland diskutiert. Da die PID seit Juli 2010 durch eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes praktisch in Deutschland möglich ist, ist dringend eine zügige Klärung durch den Gesetzgeber erforderlich.
215 Abgeordnete wollen die PID zwar nicht in allen Fällen erlauben, betrachten sie aber in einem sehr weiten Ausmaß generell als gerechtfertigt, wenn schwerwiegende Behinderungen möglich wären. Dies lässt ein weites Feld möglicherweise betroffener Eltern zu. Was "schwerwiegend" ist und was nicht, dürften dann neu zu bildende Ethikkommissionen entscheiden. Welche Konsequenzen dies hat, lässt sich an denen Erfahrungen anderen Ländern sofort ablesen: in England ist der Katalog inzwischen auf über 130 mögliche Erkrankungen erweitert worden. Sogar die gezielte Erzeugung von Geschwisterkindern nach genetischen Merkmalen gilt dort inzwischen als akzeptiert. 38 Abgeordnete halten PID bisher für gerechtfertigt, wenn der Verdacht auf einen sehr frühen Kindstod (als Fötus oder im ersten Lebensjahr) besteht. Beide Gesetzentwürfe akzeptieren und fordern damit faktisch die Zulassung der PID. Dies wird, sofern eine solche Position Gesetz wird, dazu führen, dass eine professionelle und kommerzielle Angebotsstruktur für die PID in ganz Deutschland entsteht. Allen Eltern wird es dann zukünftig prinzipiell möglich sein, ihre im Labor erzeugte Embryonen auf Lebensfähigkeit und mögliche genetische Defekte hin prüfen und dann selektieren zu lassen.
Bereits in der Bundestagsdebatte deutete sich vage eine mögliche Allianz der beiden Gruppen von PID-Befürwortern an. Über 160 Abgeordnete haben sich allerdings noch nicht festgelegt.
Bisher treten aber immerhin 193 Abgeordnete aus allen Parteien aus höchst unterschiedlichen Gründen für ein generelles gesetzgeberisches Verbot der PID ein. Übereinstimmend haben sie in der Bundestagsdebatte herausgearbeitet, dass diese angebliche Diagnose keinesfalls dem Leben, sondern ausschließlich der Selektion der Embryonen gilt. Zu Recht wollen sie es nicht neuen Ethikkommissionen überlassen, menschliches Leben nach Qualitätskriterien zu bewerten. Nach den jetzt folgenden Anhörungen hat der Bundestag es in der Hand, ob zukünftig in Deutschland Menschen bereits im frühsten Stadium nach lebenswert und lebensunwert unterschieden werden. Der Widerspruch auch der Behindertenverbände zeigt, dass es bei dieser Auseinandersetzung nicht nur um das Leben der Ungeborenen, sondern auch der Geborenen geht. Nur wer Embryonen in der Petri-Schale die Menschenwürde abspricht, kann sie wie eine Sache behandeln und bewerten. Genau dies droht, wenn PID flächendeckend als "Qualitätskontrollsystem" für Embryonen angeboten und eingeführt wird.
Christdemokraten für das Leben e.V.
Mechthild Löhr (Bundesvorsitzende)
Schlesienstrasse 20
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