Gesetzentwurf zur Suizidbeihilfe öffnet privatisierter Form von Euthanasie Tür und Tor
Die Justizministerin Leutheuser-Schnarrenberger erhält zu Recht Kritik für ihren neuen Gesetzentwurf zum Verbot der gewerbsmäßigen Sterbehilfe. Sie privatisiert damit die Euthanasie nach holländischem Vorbild.
Der von der Bundesregierung schon im Koalitionsvertrag von 2009 vereinbarte Plan, ausschließlich die gewerbsmäßige Förderung eines Suizids durch einen neuen §217 im Strafgesetzbuch zu verankern, ist spätestens jetzt klar als Irrweg erkennbar. Während in Österreich jede Form der Mitwirkung am Suizid eindeutig unter Strafe gestellt ist, versucht nun die der FDP angehörende Bundesjustizministerin, die zugleich engagiertes Mitglied der ‚Humanistischen Union’ ist, mit dem in ihrem Hause überarbeiteten Referentenentwurf, die Sterbehilfe über die Hintertür durch deren Privatisierung alltäglich zu machen. Der neue §217 zielt zwar in seinem Absatz 1 formal auf ein Verbot gewerbsmäßiger Sterbehilfe, erlaubt aber im Gegenzug in dem neu hinzugekommenen Absatz 2 anderen Personen die aktive Mitwirkung am Suizid. So soll künftig sogar der selbst nicht gewerbsmäßig handelnde Anstifter oder Gehilfe einer gewerbsmäßigen Suizidmitwirkung dann explizit straffrei bleiben, wenn es sich bei ihm um einen Angehörigen des Suizidenten oder eine ihm "nahe stehende" Person handelt. Das können dann auch Ärzte sein.
Es ist ein rechtspolitischer Skandal, wenn ausgerechnet in einem Gesetz, das auf den ersten Blick gegen die Sterbehilfe gerichtet zu sein scheint, erstmals Ärzten und Pflegekräften die Teilnahme an einer Suizidassistenz straffrei ermöglicht werden soll. Die Stoßrichtung der Bundesjustizministerin scheint klar: die schleichende Einführung einer privatisierten und straffreien Euthanasie in Deutschland.
Schon bislang ist - den meisten Bürgern erfreulicherweise völlig unbekannt - die Mitwirkung am Suizid im Unterschied zur Tötung auf Verlangen in Deutschland völlig straffrei, sofern sie nicht von Mitgliedern von Berufen in Garantenstellung ausgeführt wird. Laut einer Infratest-Umfrage von 2011 (im Auftrag der Stiftung ‚Ja zum Leben’) gehen derzeitig über 93 % der Bundesbürger noch davon aus, dass jede private Form der Beihilfe zum Suizid verboten sei. Tatsächlich ist sie aber bislang beispielsweise den Ärzten durch die Musterberufsordnung der Bundesärztekammer und die verbindlichen Berufsordnungen der meisten Landesärztekammern untersagt.
Auch die zahlreichen Vereine, die eine sogenannte Sterbehilfe gewähren, betrachten sich als gemeinnützig und sind somit offiziell nicht gewerbsmäßig tätig. Sie würden von dem neuen Gesetzentwurf in keiner Weise tangiert werden, sondern ihr ideelles Engagement gegen Zahlung von Vereinsgebühren ungebremst weiterführen können. Damit verkehrte sich auch die öffentlich vorgetragene Intention der Bundesregierung, die gewerbsmäßige Beihilfe zum Suizid wirksam zu unterbinden. Die Mitwirkung am Suizid eines Menschen ist jedoch keinesfalls eine humane Form der Sterbebegleitung. Internationale Suizidexperten, unter anderem der Leiter des Nationalen Suizidpräventionsprogramms, Prof. Dr. Armin Schmidtke, weisen im Gegenteil seit langem darauf hin, dass insbesondere der zunehmende Alterssuizid in aller Regel mit einer diagnostizierbaren Depressionserkrankung verbunden ist, die der Therapie und Prävention zugänglich wäre. Die Mitwirkung an der Selbsttötung ist daher kein ehrenwerter Akt der Unterstützung einer autonomen Selbstverwirklichung des Betroffenen, sondern im Gegenteil oftmals Ausdruck unterlassener Hilfeleistung gegenüber einem psychisch extrem belasteten Menschen.
Die deutlichen Proteste des Präsidenten der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, und des Gesundheitspolitischen Sprechers der Unionsfraktion im Deutschen Bundestag, Jens Spahn, zeigen, dass sie nicht bereit sind, zukünftig auch Ärzten die Rolle von ‚Sterbehelfern’ zuzuweisen und dass der Widerstand gegen das geplante Gesetz größer wird. Durch das wachsende Angebot der Mitwirkung am Suizid wird der Druck auf viele verzweifelte, alte und kranke Menschen weiter ansteigen. Schon heute ist der Alterssuizid die häufigste Form der Selbsttötung.
Deshalb plädiert die CDL gemeinsam mit Mitgliedern des Bundesverbandes Lebensrecht für einen neuen § 217 StGB, der nach österreichischem Vorbild generell jede Form der aktiven Mitwirkung an der Selbsttötung unter Strafe stellt. Entsprechend formulierte Vorschläge für einen Gesetzentwurf haben wir unsererseits dem Bundestag und der Bundesjustizministerin zugeleitet. Die generelle Erlaubnis für alle Bürger, einschließlich Ärzten und Pflegepersonen, zu Mitwirkung am Suizid, wie sie jetzt geplant ist, würde einer neuen, privatisierten Form von Euthanasie Tür und Tor öffnen. Der aktuelle Referentenentwurf bahnt planmäßig den Weg in eine staatlich lizenzierte Euthanasiegesellschaft. Der Schutz des menschlichen Lebens an seinem Ende würde durch die Realisierung dieses Entwurfs zur bloßen Fassade. Er muß vor allem im Interesse Kranker hilfloser alter Menschen unbedingt verhindert werden.
Christdemokraten für das Leben e.V.
Mechthild Löhr (Bundesvorsitzende)
Schlesienstrasse 20
48167 Münster