Zu der Einigung über ein neues Organspendegesetz in Deutschland erklärt der Geschäftsführende Vorstand der Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung, Eugen Brysch:
"So sehr sich die Schwerstkranken ein überzeugendes Organspendegesetz gewünscht haben - so groß ist die Enttäuschung über das Ergebnis. Das einzige, was der Politik einfällt, ist den Druck auf die Krankenhäuser zu erhöhen (Daniel Bahr), "penetrante Werbung" in der Bevölkerung (Jens Spahn) und den Datenschutz auszuhöhlen. Tatsächlich wird dies in der Praxis nicht zur Erhöhung der Anzahl gespendeter Organe führen. Die gestern begeistert gefeierte Einigung zum Thema Organspende darf nicht in einem Placebo-Gesetz enden. Deshalb setzt die Patientenschutzorganisation auf das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren, um endlich zum Kern des Problems vorzudringen.
Sowohl die Bevölkerung als auch die Krankenhäuser und Ärzte vertrauen dem heutigen Transplantationssystem nicht. Obwohl bislang schon mehr als 100 Millionen Euro für Werbung ausgegeben wurden, haben nur 10 Prozent der jährlich gezählten Organspender einen Organspendeausweis. Selbst bei einer Steigerung auf 30 Prozent wird sich an der Versorgungslücke nichts ändern, weil von den 4.000 potentiellen Organspendern nur 1.800 gemeldet werden. Zu den Gründen gehören Organisationsversagen und der Umgang mit Patientenverfügungen. In der Praxis lehnen Angehörige und Ärzte die Organentnahme mit Hinweis auf eine vorliegende Patientenverfügung ab. Tatsächlich ist es dann fast immer keine schriftliche Erklärung, sondern die mündliche Übermittlung des mutmaßlichen Willens. Jetzt rächt sich, dass im Patientenverfügungsgesetz keine konkreten Vorgaben an die Ermittlung des mutmaßlichen Willens festgelegt worden sind.
Ebenso wurden wichtige verfassungsrechtliche Fragen bei der Organentnahme und Verteilung weiterhin nicht geklärt. Die Politik setzt nicht auf fachliche Aufklärung und nicht auf Transparenz im Organspendesystem, sondern auf Penetranz und Druck. Dieser Aktionismus hat schon in der Vergangenheit nichts gebracht und wird auch in der Zukunft nichts bringen. Die Menschen müssen wissen, was bei der Organentnahme geschieht und müssen sicher sein, dass die Verteilungsfrage nicht privaten Organisationen überlassen bleibt, sondern unter rechtsstaatlicher Aufsicht steht. Es geht in der Praxis um Priorisierung und allein der Bundestag ist das gewählte Gremium, solche Fragen zu entscheiden. Wir müssen den Menschen sagen, dass es niemals so viele Organspender geben wird, um allen auf der Warteliste zu helfen. Diese Schere kann nicht geschlossen werden."
Eine Pressemitteilung der Deutsche Hospiz Stiftung.