Der Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums zur Strafbarkeit der gewerbsmäßigen Förderung der Selbsttötung ist unzureichend.
Der Suizid eines Menschen geschieht nur extrem selten freiverantwortlich. Weit mehr als 90 Prozent aller Suizide sind durch Depressionen oder andere psychische Erkrankungen verursacht. Menschen, die an solchen Krankheiten leiden, bedürfen ärztlicher Heilbehandlung sowie menschlicher Solidarität und Hilfe. Die Schutzpflicht des Staates für ihr Leben gebietet es, sie vor der Gefahr eines kranheitsbedingten Entschlusses zur Selbsttötung zu schützen.
Eine solche Gefahr geht typischerweise nicht nur von kommerzieller, mit der Absicht der Gewinnerzielung oder geschäftsmäßig erfolgender, sondern von jeder organisierten Beihilfe zum Suizid aus. Sie ist gleichermaßen ethisch verwerflich. Denn sie verleiht der Selbsttötung als scheinbar alternativloser „Hilfe“ im Zustand der Krankheit den Anschein der Normalität und bietet nicht die Gewähr einer seriösen Beratung und Betreuung sterbewilliger Patienten.
Ein wirksamer Schutz vor dieser Gefahr verlangt ein strafbewehrtes Verbot jeder organisier-ten Beihilfe zur Selbsttötung. Der Suizid bzw. sein (erfolgloser) Versuch steht zwar – aus verständlichen Gründen – nicht unter Strafe, weshalb auch die Beihilfe hierzu nicht strafbar ist. Dies schließt jedoch keineswegs aus, die organisierte und deshalb besonders gefährliche Beihilfe zur Selbsttötung eigens strafrechtlich zu verbieten. Dem steht auch nicht entgegen, dass Selbsttötungen in seltenen Fällen freiverantwortlich erfolgen. Denn die Rechtsordnung gebietet es nicht, für solche Fälle das Angebot einer organisierten Beihilfe zu gewährleisten.
Bernward Büchner VRiaVG a. D., Vorsitzender der Juristen-Vereinigung Lebensrecht e.V. (JVL)