Überblick
Nachfolgend ein Vergleich der heutigen Rechtslage zur Sterbehilfe und die von diesem Gesetzentwurf angestrebten Änderungen:
Handlung | Heutige Rechtslage | Angestrebte Änderung |
---|---|---|
Aktive Sterbehilfe | verboten | keine Änderung der heutigen Rechtslage |
Indirekte Sterbehilfe | zulässig | keine Änderung der heutigen Rechtslage |
Passive Sterbehilfe | zulässig und durch Patientenverfügung geregelt | keine Änderung der heutigen Rechtslage |
Palliative Sedierung | zulässig | keine Änderung der heutigen Rechtslage |
Suizid | zulässig aber ungewollt | keine Änderung der heutigen Rechtslage |
Suizidbeihilfe durch einen Arzt | zulässig aber ungewollt, teilweise Verbot durch ärztliches Standesrecht | zulässig bei irreversibel zum Tode führenden Erkrankungen, Aufwertung durch entsprechenden rechtlichen Rahmen, nur freiwillig Leistung des Arztes |
Suizidbeihilfe durch Angehörige | zulässig aber ungewollt | keine Änderung der heutigen Rechtslage |
Geschäftsmäßige Suizidbeihilfe | zulässig aber ungewollt | keine Änderung der heutigen Rechtslage aber eine Aufwertung durch die Sonderregelung für Ärzte |
Kommerzielle Suizidbeihilfe | zulässig aber ungewollt | keine Änderung der heutigen Rechtslage |
Gründung eines Sterbehilfevereins | zulässig aber ungewollt | keine Änderung der heutigen Rechtslage |
Werbung für Sterbehilfe | zulässig aber ungewollt | keine Änderung der heutigen Rechtslage |
Beratung von Suizidwilligen | zulässig | keine Änderung der heutigen Rechtslage |
Zusammenfassung des Gesetzentwurfs
Der Gesetzentwurf, welches den Titel "Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der ärztlich begleiteten Lebensbeendigung - Suizidhilfegesetz" trägt, möchte den standesrechtlich von einigen Ärztekammern in Deutschland untersagten ärztlichen Suizid unter Auflagen zulassen. So soll eine ärztliche Beihilfe zur Selbsttötung erlaubt sein, wenn zwei Ärzte festgestellt haben, dass die Erkrankung des Patienten irreversibel zum Tode führt, der Patienten volljährig und einsichtsfähig ist sowie eine umfassende Beratung des Patienten bezüglich palliativer Behandlungsmethoden stattgefunden hat. Die Mitwirkung des Ärzte an der Suizidbeihilfe darf nur freiwillig erfolgen. Die Autoren erhoffen sich von dieser Regelung eine Stärkung Selbstbestimmungsrechts der Patienten und letztlich eine Verringerung der Selbsttötungen. In Interviews haben die Autoren inzwischen auch angedeutet, dass sie sich ergänzend die Einschränkungen anderer Formen der Suizidbeihilfe vorstellen können. Die Regelung hierfür sollen - im Gegensatz zu allen anderen Entwürfen - nicht im Strafrecht sondern im BGB verankert werden.
Der Entwurf schlägt die folgende Gesetzesänderung vor:
BGB §1921a Ärztlich begleitete Lebensbeendigung
- (1) Ein volljähriger und einwilligungsfähiger Patient, dessen unheilbare Erkrankung unumkehrbar zum Tod führt, kann zur Abwendung eines krankheitsbedingten Leidens die Hilfestellung eines Arztes bei der selbst vollzogenen Beendigung seines Lebens in Anspruch nehmen.
- (2) Eine Hilfestellung des Arztes nach Absatz 1 darf nur erfolgen, wenn der Patient dies ernsthaft und endgültig wünscht, eine ärztliche Beratung des Patienten über andere Behandlungsmöglichkeiten und über die Durchführung der Suizidassistenz stattgefunden hat, die Unumkehrbarkeit des Krankheitsverlaufs sowie die Wahrscheinlichkeit des Todes medizinisch festgestellt und ebenso wie der Patientenwunsch und die Einwilligungsfähigkeit des Patienten durch einen zweiten Arzt bestätigt wurde.
- (3) Die Hilfestellung des Arztes ist freiwillig.
- (4) Die Entscheidung über den Zeitpunkt, die Art und den Vollzug seiner Lebensbeendigung trifft der Patient. Der Vollzug der Lebensbeendigung durch den Patienten erfolgt unter medizinischer Begleitung.
Bewertung aus Sicht des Lebensschutzes
Der Entwurf möchte die bestehende Rechtslage in Deutschland - welche Suizidbeihilfe für jedermann und jede Organisation ermöglicht, unverändert lassen. Statt dessen hat er sich als Ziel gesetzt, die Regelungen von 10 Landesärztekammern, welche eine Mitwirkung von Ärzten bei der Suizidhilfe verbieten, außer Kraft zu setzen. Dies soll durch eine - mit komplizierten Auflagen versehene - Regelung und somit Gestattung der ärztlichen Suizidbeihilfe geschehen. Diese neue Regelung wird als Ausdruck des Selbstbestimmungsrechts von Todkranken, welchen keinen anderen Ausweg mehr als den Suizid sehen, deklariert. Wobei die Autoren dann wieder vor der eigenen Courage zurückschrecken und die Freigabe der Suizidassistenz für Ärzte an eine unheilbaren und unumkehrbar zum Tod führenden Erkrankung knüpfen. Das postulierte Selbstbestimmungsrecht des Patienten endet somit bei der Beurteilung seines Krankheitsstadiums und seiner Zurechnungsfähigkeit durch zwei Ärzte. Dieser Gesetzentwurf geht also noch weiter, als der Entwurf von Künast u.a., welcher zumindest die Arbeit von Suizidhilfevereinen reglementieren möchte. Außerdem ist er in seiner Argumentation wenig durchdacht, so wird neben der Patientenautonomie auch das Ergebnis von Umfragen, welche eine Mehrheitsstimmung für die ärztliche Suizidassistenz zeigen, als Begründung herangezogen. Es wäre interessant, wie die Verfasser zum Umfragen stehen, welche eine Einschränkung des Asylrechts oder eine Wiedereinführung der Todesstrafe fordern. Es ist zu hoffen, dass dieser Antrag im Bundestag keine Mehrheit finden wird. Das er auch von CDU-Abgeordneten initiert und unterzeichnet wurde, bleibt ein Rätsel, denn vom Gründungsgedanken der CDU, das Leben unter allen Umständen zu schützen, ist hier nichts mehr zu sehen.
Hintergründe
Hier ist der Gesetzentwurf 18-5374 als Datei zu finden.
Letzte Änderung: 06.07.2015